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HERE
Lausitz Festival
»Wann sind wir wir, wann werden wir wir, weil wir ohne uns nicht wir sein können? Wir sind ein Ort, der erst entsteht, wenn wir drei zusammen hier sind. Ich war nicht hier, ich war in anderen Jetzten und Dorten, aber ich war nicht wir, weil wir nicht HIER waren.« Worin besteht das »wir« einer Gemeinschaft von Menschen, die sich zwar im gleichen Raum befinden, allerdings zu unterschiedlichen Zeiten? Oder anders gesagt: Was verbindet uns dies- und jenseits gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit? Sind es unsere Spuren, Hinterlassenschaften oder Annahmen? Sind es Bewusstsein, Gefühle oder Glaube? Diese und weitere Fragen untersucht die neue Tanztheater-Performance des US-amerikanischen Künstlers Andrew Schneider, die von Richard McGuires Graphic Novel »HERE« inspiriert ist. Das Buch wurde jüngst von Robert Zemeckis mit Tom Hanks und Robin Wright in den Hauptrollen verfilmt. Theater, Performance, Storytelling, Tanz, Technologie – all dies verknüpfen Andrew Schneider und seine beiden Mit-Schöpfer Margaux Marielle-Tréhoüart und Joel Suárez Gómez virtuos, um in Echtzeit die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen auf die Bühne zu bringen. Wir wissen, wie es ist, jemanden zu vermissen, weil er nicht mehr HIER ist. Aber wie fühlt es sich an, jemanden zu vermissen, weil er nicht mehr JETZT ist? Gemeinsam erzählen die drei die Geschichte eines einzigen Raums über Äonen hinweg, in dem unzählige Leben, Träume und Travestien durch den gegenwärtigen Moment schweben. Inspiriert von der Theorie der gleichzeitigen Existenz mehrerer Realitäten, der Quantenverschränkung und unter Verwendung von drahtloser In-Ear-Technologie, erforschen Schneider und Co. die Grenzen von Beziehungen und des Geschichtenerzählens. Dafür richten sie ihre hyperpräzise Aufmerksamkeit auf Synchronitäten von Körpern im Raum über die Zeit – sowohl kosmisch als auch alltäglich. Dass die europäische Erstaufführung dieser internationalen Produktion ans Lausitz Festival vergeben wurde, ist der Initiative von Margaux Marielle-Tréhoüart zu verdanken, die beim Lausitz Festival seit 2023 als Tänzerin, Choreografin und Ideengeberin fungiert. »HERE« wurde vom traditionsreichen US-amerikanischen Theater Jacob’s Pillow im US-Bundesstaat Massachusetts in Auftrag gegeben und wird dort zu dessen Wiedereröffnung im Juli 2025 uraufgeführt, um kurz darauf in Cottbus gezeigt zu werden. Mitwirkende Kreation, Licht und Sound: Andrew Schneider Choreografie und Performance: Margaux Marielle-Tréhoüart, Joel Suárez Gómez, Andrew Schneider Produktion: Fin Productions / Jecca Barry
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KRABAT (Uraufführung)
Lausitz Festival
Krabat ist die berühmteste Legendenfigur der sorbischen Kultur. Beim Lausitz Festival nimmt sie in einer neuen Oper musikalisch Gestalt an. Komponiert und getextet von Marius Felix Lange, werden in »Krabat« große Themen wie Angst (Strach) und Krieg, Zaubermacht und Liebeskraft, Tod und Leben verhandelt. Für die Koproduktion des Lausitz Festivals mit dem Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau, das das Stück nach der Uraufführung am 13. September ins Repertoire übernimmt, reiste Marius Felix Lange durch die Lausitz und erkundete dort die alten Sagen, Traditionen und Lieder. Was er dabei erfahren und gesammelt hat, fügte er mit seiner an vielen vorangegangenen Erfolgsproduktionen geschulten Fantasie und Formbildungskraft zu einem melodienreichen Musiktheaterwerk für die ganze Familie zusammen. Martin Stefke, Chefdramaturg am Gerhart-Hauptmann-Theater, erzählt, worum es in der Oper geht: »Das sorbische Niederland im Jahr 1642. Es herrscht Krieg in Europa, ein blutiger Krieg, den die Geschichtsschreiber später den Dreißigjährigen nennen werden. Der Schwarzmüller steckt in der Klemme. Er kann kaum noch Gesellen finden. Zu vielen jungen Männern haben die Kämpfe das Leben geraubt. Andere sind an Hunger oder Krankheiten gestorben oder aus ihrer Heimat geflohen. Aber der Müller braucht dringend neue Gehilfen, hat er doch mit der Todesgöttin Smjertnica einen Vertrag geschlossen: Jahr für Jahr zum Osterfest muss er ihr unter der Bedingung, dass stets zwölf Müllerburschen bei ihm arbeiten, einen dieser Jungen opfern. Gelingt ihm dies nicht, hat er sein Leben verwirkt und muss sterben. Hoffnung schöpft er aus der dunklen Magie. Als er in seinem Zauberbuch ein Kapitel entdeckt, das beschreibt, wie ein Mühlrad zu einer Zeitmaschine werden kann, probiert er den schwarzen Zauber aus und findet so Krabat, einen Jungen aus der Zukunft. Er lockt ihn in die Mühle (Młyn), wo Krabat nicht nur arbeiten muss, sondern bald auch des Müllers Nachfolger werden soll. Doch Krabat durchschaut das Treiben des Müllers und stellt sich ihm mit Mut und Schläue entgegen.« Eine kulturelle Zeitreise, die uns in aller klanglichen Farbenpracht mit auf den Weg zu den Koordinaten führt, die seit Jahrhunderten das Mensch-Werden und Mensch-Sein ausmacht. Opera wokoło stracha w jeho mnohich formach a přeća a móžnosće, so wot njeho wuswobodźić. Eine Oper um Angst in ihren vielen Formen und den Wunsch und die Möglichkeit, sich von ihr zu befreien. Eine Koproduktion mit dem Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau Mitwirkende Komponist: Marius Felix Lange Musikalische Leitung GMD: Roman Brogli-Sacher Regie: Rebekka Stanzel Ausstattung: Vinzenz Hegemann
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Müller & Müller (Uraufführung)
Lausitz Festival
Heiner Müller war einer der berühmtesten Schriftsteller der DDR. Sein einflussreiches Werk wurde und wird weit über deren Grenzen hinaus verehrt. Inge Müller, die bedeutende Lyrik schrieb, ist heute als Schriftstellerin weitestgehend in Vergessenheit geraten. Beide waren seit 1955 verheiratet und verbrachten Ende der 50er-Jahre eine kurze, aber intensive schöpferische Zeit in der Lausitz. Anlässlich der Reparatur einer havarierten Abraumförderbrücke im Tagebau Klettwitz unweit von Senftenberg recherchierten und schrieben beide dort das Hörstück »Klettwitzer Bericht«, das 1958 veröffentlicht und als Theaterstück im selben Jahr am Senftenberger Theater uraufgeführt wurde. Weitere sogenannte Produktionsstücke, also Dramen, die in der sozialistischen Industrieproduktion spielten, wurden gemeinsam entwickelt, geschrieben und mit Preisen ausgezeichnet. Heiner und Inge Müller gelten als Miterfinder dieser neuen und einzigartigen Dramatik der jungen DDR. Zugleich verfassten beide zahlreiche, zueinander in enger Beziehung stehende Gedichte, die ihre Anliegen, Haltungen und Gefühle füreinander wortgewaltig und auch sehr persönlich zum Ausdruck brachten. Am Originalschauplatz von »Klettwitzer Bericht« tauchen zwei junge Schauspieler:innen, heute ungefähr im gleichen Alter wie die Müllers seinerzeit, mit dem Publikum tief in die Liebes- und Arbeitsbeziehung von Inge und Heiner Müller ein und lassen deren Partnerschaft vor dem Hintergrund des damaligen Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaft und der Lausitzer Industriekultur erfahrbar werden. Sie entfalten ein ortsspezifisches und immersives Stationentheater, das die poetische Intimität der fragilen Dichterliebe mit der überwältigenden Rohheit der Tagebaulandschaft konfrontiert. Der Theaterabend verknüpft Texte des Paares, lässt sie im Dialog lebendig werden und entfaltet so das Drama einer leidenschaftlichen und wechselvollen Beziehung, die am 1. Juni 1966 mit dem Freitod Inge Müllers endete. Dabei nimmt »Müller & Müller« insbesondere das utopische Vorhaben einer künstlerischen und partnerschaftlichen Symbiose, in dem auch die gesellschaftliche Utopie eines solidarischen Miteinanders aufgehoben sein sollte, in den Blick und verfolgt Gelingen und Scheitern dieses ungeheuren Experiments. Das Jahr 2025 markiert den 100. Geburtstag der (wieder) zu entdeckenden Autorin Inge Müller, den 30. Todestag des einstigen Star-Schriftstellers Heiner Müller sowie den 70. Hochzeitstag der beiden Dichter. Im Stück »Müller & Müller« treffen die Geister des schreibenden Ehepaars im ehemaligen Klettwitzer Tagebau nun auf den gigantischen Nachfolger der einst von ihnen bedichteten Abraumförderbrücke: die F60. Und auch die liegt still – 1991 eingeweiht, stellte sie nach nur einem Jahr Dienst im Zuge des Strukturwandels in der Region ihre Arbeit ein und wurde schließlich in ein Freiluftmuseum verwandelt. Und doch finden die Wiedergänger keine Ruhe... »Müller & Müller« verbindet Live-Hörspiel mit szenischer Hommage und kammertheatralisches Beziehungsdrama mit einer Nachtführung auf der F60. Ein außergewöhnliches Lausitzer Original vor grandioser Kulisse. imersiwny źiwadłowy wjacor wó basnikaŕskem póriku w łužyskej industrijowej krajinje Immersiver Theaterabend über ein Dichterpaar in der Lausitzer Industrielandschaft Fassung und Inszenierung: Michael Höppner Mitwirkende Schauspiel (Inge): Nele Trebs Schauspiel (Heiner): Nico Dorigatti Fassung und Inszenierung: Michael Höppner Sounddesign: Jacqueline Butzinger Kooperation des Lausitz Festival und der neuen Bühne Senftenberg In Zusammenarbeit mit dem Förderverein Besucherbergwerk F60 e.V. und der F60 Concept GmbH Besucher-Busshuttle: Hinfahrt: 18:00 Uhr Ab: Neue Bühne Senftenberg, Theaterpassage 1, 01968 Senftenberg / Zły Komorow Nach: Besucherbergwerk F60, Bergheider Straße 4, 03238 Lichterfeld-Schaksdorf Rückfahrt: 21:30 Uhr Ab: Besucherbergwerk F60, Bergheider Straße 4, 03238 Lichterfeld-Schaksdorf Nach: Neue Bühne Senftenberg, Theaterpassage 1, 01968 Senftenberg / Zły Komorow *Die Kosten für Hin- und Rückfahrt von 5 Euro werden im Bus erhoben.
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»Es kotzt mich an. Ihr Kroppzeug!«
»Es kotzt mich an. Ihr Kroppzeug!«
Forster Bürger proben den Coriolan (Uraufführung)
Lausitz Festival
Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des großen Individualisten Coriolanus ist faszinierend und brandaktuell. Cajus Marcius, nach dem Sieg bei der Stadt Corioli mit dem Zunamen Coriolanus versehen, ist ein scheinbar unbezwingbarer und grenzenlos stolzer Krieger; ein freies Radikal und ein radikal Freier, der die Spielregeln und gemeinschaftsstiftenden Gepflogenheiten der Römischen Republik zutiefst verachtet. Nach der Unterdrückung eines Hungeraufstands der Plebejer und dem Sieg über die benachbarten Volsker strebt er das höchste politische Amt des Konsuls an. Doch wählen lassen möchte sich Coriolanus nicht, denn er hält sich für auserwählt. Um seine Unabhängigkeit nicht aufgeben und sich nicht unterordnen zu müssen, begeht er einen verhängnisvollen Verrat… Viele Autoren widmeten sich dieser herausfordernden und provokanten Figur: William Shakespeare in seiner Römertragödie »Coriolanus«, Bertolt Brecht in seiner Bearbeitung des Shakespeare-Stücks »Coriolan«, Plutarch in seiner Biografie, T.S Eliot in Gedichten und Günter Grass und Heiner Müller in ihren Theaterstücken »Die Plebejer proben den Aufstand» und »Germania 3«, in denen Theaterproben zum Brecht-Stück »Coriolan« stattfinden und von der gesellschaftlichen Wirklichkeit eingeholt und gewissermaßen selbst auf die Probe gestellt werden. Historisch entsteht die republikanische Demokratie u.a. aus der Überwindung eines Herrschertyps, wie ihn Coriolanus verkörpert; heutzutage arbeiten neue Coriolane weltweit an der Überwindung demokratischer Gemeinwesen. Anlass genug, den autokratischen Patrizier und freiheitlichen Egomanen Coriolanus in einem vielstimmigen Theaterabend in den Blick zu nehmen. Jürgen Kuttner, Kulturwissenschaftler, Radiomoderator und Theaterkünstler, entwickelt und inszeniert »Es kotzt mich an. Ihr Kroppzeug!« in Forst und nähert sich der komplexen Figur aus verschiedenen Richtungen an. In seinen Theaterarbeiten und theatralischen Soloabenden widmet sich Kuttner immer wieder gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und künstlerischen Phänomen, Themen und Fragestellungen und knüpft auf unterhaltsame Weise Verbindungen zwischen Naheliegendem und Entlegenem. (Zwischen 2018 und 2020 trat er etwa am Staatstheater Cottbus mit seinen »Videoschnipseln« auf.) In einer Mischung aus Show, Revue, Bühnenessay, Theaterstück und Vortragsabend entstehen so vielgestaltige Netzwerke aus Lebens- und Kunstwelten. In verschiedenen künstlerischen und theatralischen Ausdruckformen mäandert Kuttner durch Geschichte und Geschichten und wirft erhellende Schlaglichter auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Zusammen mit vertrauten und neuen künstlerischen Partnern und einem Bürgerchor aus Forst und Umgebung sammelt Kuttner Splitter des Coriolanus-Stoffes, wirft und schüttelt sie durcheinander und bringt sie in kaleidoskopartigen Konstellationen zur Anschauung. Bruch- und Fundstücke von der Antike bis heute werden in dieser hybriden Theaterarchäologie vorgestellt. Als Spielstätte von »Es kotzt mich an. Ihr Kroppzeug!« fungiert der multifunktionale Veranstaltungssaal im ehemaligen Grand Hotel und späteren Kulturhaus »Forster Hof« in Forst, in dessen Architektur und Nutzungsgeschichte sich eine besondere Verbindung von Kunst, Politik und Soziokultur manifestiert und den das Lausitz Festival durch sein Theaterprogramm wiederbelebt. Mitwirkende Stück und Inszenierung: Jürgen Kuttner Dramaturgie: Michael Höpper
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Amadoka / Амадока
Lausitz Festival
Romana, eine Archivarin aus Kyjiw, erkennt in einem namenlosen Soldaten, der schwer verletzt aus dem Krieg im Donbass zurückkehrt, ihren Ehemann. Mit allen Kräften versucht sie, ihm sein Gedächtnis wiederzugeben. Mittel zum Zweck sind vier alte, weit gereiste Koffer voller Fotos, Papiere, ein in Leder gebundenes Notizbuch und ein geheimnisvoller Löwenkopf aus Stein. All diese stummen Zeugen sollen Anlass liefern für Erinnerung. Sie führen in die 1930er-Jahre, in das galizische Städtchen Butschatsch mit seiner multiethnischen Bevölkerung. Hier zeigt der halbwüchsige Pinkas, Sohn des Schochet, dem ukrainischen Mädchen Uljana den Ort des legendären, verschwundenen Sees Amadoka, der sich einstmals in stolzer Größe über die Karten Europas erstreckte. Uljanas Vater, der zwischen den Kriegen ukrainische Nationalisten und Unabhängigkeitskämpfer versteckt hatte, versucht während der nationalsozialistischen Besatzung unter Lebensgefahr seinen jüdischen Nachbarn zu helfen. Im Zeitalter der Vernichtung und Todesangst werden aus Priestern Partisanen, aus Nachbarn Spitzel, aus ukrainischen Kindern Mörder, aus Juden Hilfspolizisten, aus Opfern Täter. Oder umgekehrt. Ob Hilfe und Rettung von den anrückenden Sowjets zu erwarten ist, wird je nach Standpunkt und Erfahrung unterschiedlich bewertet. Zu Romanas Erstaunen ist es nicht der Löwenkopf der Statue des heiligen Onufrij, der die Erinnerungen des kranken Mannes weckt. Es sind die Briefe eines Dichters und Wissenschaftlers, der während der stalinistischen Säuberungsaktionen unter der Intelligenzija in der Sowjetukraine eine zweifelhafte Rolle spielte. Sofia Andruchowytschs hochkomplexes, ein ganzes Jahrhundert umspannendes Panorama zeigt eindrucksvoll, dass die Gegenwart der Ukraine nur aus ihrer Geschichte heraus zu verstehen ist. Zugleich steht das große und großartige Werk auch als Parabel für die Unzuverlässigkeit von Erinnerung und für die Manipulierbarkeit von Identität. »Wenn je ein Roman eine Form und einen Ton gefunden hat für die Geschichte der Ukraine in alle ihrem Leid und all ihren Abgründen, dann ist es dieses schwindelerregende Epos«, schrieb Sonja Zekri in ihrer Rezension in der »Süddeutschen Zeitung«. Im Anschluss findet ein Autorengespräch mit Sofia Andruchowytsch statt (Simultanübersetzung Ukrainisch-Deutsch) Амадока Сценічні читання німецькою мовою за романом Софії Андрухович. На німецьку роман переклали Александер Кратохвіл та Марія Вайсенбьок. У понівеченому до невпізнаваности в одній з гарячих точок на Донбасі чоловікові без імені, який повернувся з війни, Романа, яка працює в київському архіві, впізнає свого чоловіка. Вона з усіх сил намагається, повернути йому пам’ять. Використовує для цього чотири старі пошарпані валізи з фотографіями, старими зошитами, записник в палітурці з фарбованого сап“яну та загадкову кам’яну голову лева. Ці німі свідки мають допомогти йому згадати. Вони ведуть нас в 1930-і роки, в галицьке містечко Бучач з його мультиетнічним населенням. Тут юний Пінхас, син шохета показує Уляні, своїй українській однолітці місце, де колись було тепер вже неіснуюче озеро Амадока, озеро, що колись було найбільшим у Європі. Улянин батько, який міжвоєнний період переховував українських повстанців та ОУНівців, наражаючи себе на небезпеку, тепер ризикуючи життям намагається врятувати від нацистів своїх єврейських сусідів. У часи винищення та страху перед смертю священники стають партизанами, сусіди – стукачами, українські діти – вбивцями, євреї – поліцаями, жертви – злочинцями. Або навпаки. Чи можна очікувати допомоги та порятунку від совітів, які наближаються – про це думки розходяться залежно від позиції та досвіду… На превеликий подив Роман спогади хворого чоловіка пробуджують не голова лева від статуї святого Онуфрія, а листи поета та науковця, роль якого під час сталінських чисток серед інтелігенції в Радянській Україні була неясною. У романі Софія Андрухович розгортає неймовірно складну панораму, що охоплює період одного століття і виразно показує, що сучасну Україну можна зрозуміти лише на основі її історії. Одночасно, цей твір є притчею про те, якою непевною є пам’ять та як легко можна маніпулювати ідентичністю. »Якщо існує роман, якому вдалося знайти форму і тон для історії України з усіма її стражданнями і та прірвами, то це - цей запаморочливий епос«, пише Соня Зекрі у SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Учасники: Літературні читання: Фрідеріке Отт, Фанні Стаффа, Філіпп Ґрімм Мистецька керівниця та авторка тексту: Гайке Мертен-Гоммель Після читання відбудеться подіумна дискусія із авторкою Софією Андрухович Модераторка: Соня Зекрі Mitwirkende Autorin: Sofia Andruchowytsch Texteinrichtung und Regie: Heike Merten-Hommel Moderation: Sonja Zekri Lesung: Friederike Ott Lesung: Fanny Staffa Lesung: Philipp Grimm 18:00 bis 20:00 Uhr Szenische Lesung Anschl. bis ca. 21:30 Uhr Autorinnengespräch (Simultanübersetzung Ukrainisch-Deutsch)
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Zwischen Welten
Lausitz Festival
Vor zwanzig Jahren waren sie ausgezogen aus ihrer Studenten-WG, um Richtung Zukunft durchzustarten. Theresa übernahm den väterlichen Bauernhof im Brandenburgischen; Stefan heuerte bei einer großen Hamburger Wochenzeitung an und stieg zum Ressortleiter auf, die nächsten Karriereschritte unmittelbar vor Augen. Ein Zufall lässt die Freunde von einst unvorbereitet aufeinandertreffen. Die erste Wiedersehensfreude verdüstert sich zu einer explosiven Stimmung, führt aber zu einem anschließenden hochemotionalen elektronischen Briefwechsel zwischen den beiden. Der Roman »Zwischen Welten« (Mjazy swětami), gemeinsam verfasst von Juli Zeh und Simon Urban, schildert exemplarisch und nicht ohne Humor, wie divergierende biografische und berufliche Entwicklungen zwei ehemals Unzertrennliche auf verschiedene Seiten einer Barrikade geraten lassen. Zunächst beschließen Theresa und Stefan, sich schreibend neu kennenzulernen und erzählen einander in Mails und Messages von ihren Alltagskämpfen. Stefan ficht die seinen als engagierter, umweltbewusster Kulturjournalist mit Stift und Computertastatur aus, Theresa dagegen, Biobäuerin und Mutter, betrachtet die Fragen der Klimapolitik aus der Perspektive des Kuhstalls und vom Sitz ihres Traktors aus. Obwohl die gegenseitige Zuneigung unverändert besteht, radikalisieren sich ihre kontroversen Positionen. Die Beziehung steht auf der Kippe; es sei denn, man verändert die Koordinaten, verlässt das Spielfeld und auch als starr empfundene Systeme. In der Tradition des klassischen Briefromans sezieren Zeh und Urban mit analytischer Präzision und Empathie für die Kontrahenten zugleich die Gemütslage eines Großteils der Bevölkerung in unserem Land. So detailreich wie umfassend machen sie die Ursachen sichtbar für eine politische Lagerbildung, die sich in zunehmender Ideologisierung und Unversöhnlichkeit äußert. Und sie verschweigen nicht, wer am Ende die Rechnung zahlt. Juli Zeh lebt seit 30 Jahren unter anderem in Leipzig und Brandenburg und kennt die alltäglichen Veränderungen innerhalb der Gesellschaft und in der politischen Debattenkultur aus beiden deutschen Perspektiven. Bereits in ihrem Roman »Unterleuten« (2016), der in exquisiter Besetzung vom ZDF verfilmt wurde, und »Über Menschen« (2021) schrieb Juli Zeh über Themen aus dem ländlichen Brandenburg. »Zwischen Welten« (2023) entstand gemeinsam mit Simon Urban, einem erfolgreichen Autor von Romanen und Arbeiten für Filme. Mit zwei Mitgliedern aus dem Ensemble des Staatstheaters Cottbus erarbeitet dessen neuer Intendant, der Regisseur Hasko Weber, exklusiv fürs Lausitz Festival eine szenische Lesung des hochaktuellen Gesellschaftsromans. Mitwirkende Lesung: Ariadne Pabst und Amadeus Gollner Szenische Einrichtung: Hasko Weber Textfassung und Moderation des Podiumsgespräches: Heike Merten-Hommel
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William Shakespeare: Othello / Die Fremden
Lausitz Festival
»Othello«, Shakespeares dramatisches Meisterwerk über zerstörerische Wut und tödliche Eifersucht, und »Die Fremden«, ein erst seit wenigen Jahren dem englischen Dramatiker zugeordneter Text, bilden die Grundlage für ein immersives Stationendrama in der ehemaligen Glasfabrik Telux in Weißwasser. Regie führt Marcel Kohler, der auch die Textfassung verantwortet. Das Stück, bei dem u. a. Götz Schubert, Linn Reusse, Leonhard Burkhardt und der Stadtchor Weißwasser e.V. mitwirken, wurde beim Lausitz Festival 2024 aus der Taufe gehoben und entwickelte sich aus dem Stand zum Publikumsrenner. Auch die Kritik zeigte sich höchst angetan. Auf sehr positive Rezensionen folgte gegen Jahresende die Nennung der Produktion in einer Top-Ten-Liste der Tageszeitung »Die Welt« über die besten Inszenierungen des Theaterjahrs 2025 an ungewöhnlichen Orten. Zum Stück: Schon die Ausgangslage ist verwickelt. Venezianer und Türken, westliche Wirtschaftsmacht und Militärmacht aus dem Osten, streiten um das heute geteilte Zypern. Jago ist nicht befördert worden und initiiert als Vergeltung für die durch General Othello erlittene Herabsetzung eine Intrige, die dem Befehlshaber der venezianischen Flotte weismacht, seine Frau Desdemona würde ihn mit seinem Günstling betrügen. Enttäuschtes Verlangen und Verlustängste versetzen die Figuren dieses Stückes in Rage. Wut und Begehren, beides mächtige Triebfedern im Umgang miteinander und nicht nur in der Lausitz vertraute Geschichtskräfte, setzen ein verhängnisvolles Spiel in Gang, bei dem es am Ende nur Verlierer gibt. Marcel Kohler und sein Team interessieren sich für den »Fall Othello«, die damit verbundenen widersprüchlichen Wahrheiten und wie er zu verschiedenen Zwecken instrumentalisiert wird. Dabei wird auch die Danner-Halle des Kulturzentrums Telux – in den letzten Jahren wiederholt Spielstätte viel beachteter Shakespeare-Aufführungen des Lausitz Festivals – zur Akteurin: Das in Gruppen geteilte Publikum erlebt die Othello-Geschichte in der ehemaligen Glasfabrik an verschiedenen Stationen, in unterschiedlicher Reihenfolge und aus verschiedenen Perspektiven. Erst nach und nach enthüllt sich so ein Gesamtbild des Dramas, bis schließlich alle wieder zusammenfinden und mit den eigenen Begierden und Gefährdungen konfrontiert werden. Nach umjubelten Aufführungen im Jahre 2024 steht 2025 die Wiederaufnahme mit vier Aufführungen am selben Ort auf dem Festivalprogramm. Shakespeareowe mišterske dźěło wo ničerskej njemdrosći a smjertnej žarliwosći Shakespeares Meisterwerk über zerstörerische Wut und tödliche Eifersucht Mitwirkende: Schauspiel (Othello): Leonard Burkhardt Schauspiel (Brabantia): Sina Kießling Schauspiel (Emilia): Dagna Litzenberger Vinet Schauspiel (Jago): Götz Schubert Schauspiel (Desdemona): Linn Reusse Chor: Stadtchor Weißwasser e.V. Regie: Marcel Kohler Bühne und Kostüme: Torsten Köpf Musik: Christoph Bernewitz Chorleitung: Lars Deke Video: Linn Reusse Licht: Henning Streck Dramaturgie: Michael Höppner
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Einzelschicksale von Kriegsgefangenen in Görlitzer Gefangenschaft
Internationale Messiaen-Tage Görlitz / Zgorzelec
Interdisziplinäres Demokratie-Projekt zum ‚WIR‘ mit zeitgenössischer Musik (Klarinetten, Perkussion), Tanz und Theater – in Kooperation mit der Dresden International School (DIS) WE-LAB widmet sich der demokratischen Grundfrage nach dem WIR. Woraus entsteht es, was hält es zusammen, wie sind seine Grenzen? Was in diesem WIR-Laboratorium vier paarweise arbeitende Komponist:innen, Schüler:innen der Dresden International School und ihre Theater-Lehrerin, ein Klarinettist und eine Tänzerin gemeinsam erarbeiten, zeigen wir in dieser Konzert-Theater-Tanz-Performance. Musik für Solo-Klarinette und gruppenartige Perkussion wird von den Schüler:innen mit Raumdesign, Bewegung, Bildern und Texten in Beziehung gesetzt, geformt durch eigene Erfahrungen und Geschichten. Eine Tänzerin verkörpert darin die persönliche Seite des Ichs, das wir alle in jedem WIR sind. Die Klarinette in ihren Größenvarianten macht hörbar, wie unterschiedlich ein jeder in verschiedenen Situationen sein kann. Die in all dem enthaltenen Kräfte will WE-LAB freilegen und fühlbar machen. Spannend wird sein, welche Rolle das Publikum darin spielen und wie es das WIR erleben und beeinflussen wird. „Ich suche einen Lehrer und einen Meister er möge mein Augenlicht, mein Gehör und meine Sprache wiederherstellen er möge die Dinge und Begriffe wieder benennen er möge das Licht von der Dunkelheit trennen. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt Ich wurde gerettet kurz bevor zur Schlachtbank geführt.“ Tadeusz Różewicz – Überlebender eines Konzentrationslagers
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Skąd dokąd
Internationale Messiaen-Tage Görlitz / Zgorzelec
Aleksandra Staszel, Maciej Hamela In Kooperation mit dem Neisse Filmfestival Eine Besonderheit des Neiße-Filmfestivals ist sein genreübergreifender, trinationaler Charakter mit Filmvorführungen und Veranstaltungen, die in zwanzig Kinos im Dreiländereck stattfinden. Die Vorführung des ukrainischen Films und die Diskussion zwischen der Festivalleiterin und dem Regisseur des Films ermöglichen eine Neubewertung der aktuellen Weltlage und schärfen das Bewusstsein des Publikums für die Geschehnisse außerhalb des eigenen Landes und das Gefühl der Selbstbestimmung als Einzelne:r und als Gruppe im deutsch-polnischen Kontext. „Über uns – die Nacht. Im Angesicht der Sterne, betäubt von den Kampfschreien, welche Sieger ist die Zeit gekommen Und vergibt uns – Sklaven?“ Tadeusz Borowskis „Lied“ – ein Stück, das 1942 im „Untergrundstaat“ als Reaktion auf die Schrecken des Krieges geschrieben wurde.
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NEU: Franz Kafkas »Der Prozess«
Lausitz Festival
Spielplanänderung: »Der Prozess« statt »Ein Bericht für eine Akademie« Franz Kafkas Jahrhundertroman »Der Prozess« erzählt die Geschichte einer Verweigerung. Joseph K. wird am Morgen seines 30. Geburtstags von einem imaginären Gericht angeklagt, ohne jemals zu erfahren, was ihm zur Last gelegt wird. Er verliert sich in Affären und Ablenkungen, anstatt der Aufforderung nachzugehen, »mehr an sich« zu denken und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Doch was ist das Wesentliche? Joseph K. verliert sich in Selbstinszenierungen und Fantasiebildern, anstatt Verantwortung zu übernehmen. Philipp Hochmairs vielfach preisgekrönte Soloabende sind ein Erlebnis: Der Hochleistungsschauspieler steht immer unter Strom, gibt immer alles – intensiver lässt sich Theater kaum erleben. Von 2003 bis 2009 war Philipp Hochmair Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, seit 2009 ist er am Thalia Theater in Hamburg und auf vielen großen Bühnen zu sehen. Engagements führten ihn u. a. zum Staatstheater Hannover, zu den Schauspielhäusern Hamburg und Zürich, zur Volksbühne und dem Deutschen Theater in Berlin. Einem breiteren Publikum wurde er durch zahlreiche Film- und Fernsehrollen bekannt, u. a. als Protagonist der ORF/ARD-Serie »Vorstadtweiber«, »Blind ermittelt«, »Charité«, und viele mehr. Für »Wannseekonferenz« wurde er mit der ROMY 2022 und dem Grimme-Preis 2023 ausgezeichnet. Die geplante Inszenierung von »Ein Bericht für eine Akademie« muss leider aus gesundheitlichen Gründen des Regisseurs Claus Peymann abgesagt werden. Die Veranstaltungen am 10., 11., und 12.9. fallen ersatzlos aus. Am 8.9. wird stattdessen Kafkas »Der Prozess« mit Philipp Hochmair auf dem TELUX-Gelände in Weißwasser aufgeführt.
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Vineta oder Das schwarze Tal / Vineta abo Čorny doł
Lausitz Festival
Uraufführung: 30.8.2024 Die Sonne steht tief, wenn das Motorschiff Barbara am frühen Abend vom Stadthafen in Senftenberg ablegt und über die Wellen des Senftenberger Sees gleitet. 57 Besucher finden im Schiffsrumpf Platz – das sind die offiziellen Passagiere. Aber weitere Gäste werden erwartet, die sich den Zustieg ertrotzen, und die die Reise über den See zum Ereignis werden lassen. Denn was der Spiegel des Sees verbirgt, dringt auf dieser achtzigminütigen Fahrt an die Oberfläche: Es ist eine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Region. Was ist untergegangen mit den Dörfern, Kraftwerken und Systemen? Was ist versunken, unter der Oberfläche verschwunden? Ist es für immer verloren oder existiert es weiter, ungesehen? Welche Möglichkeiten bringt ein Neubeginn mit sich? »Vineta oder Das Schwarze Tal« fördert in Sagen, Legenden und Lebensläufen zutage, was der Lausitz und ihren Bewohner:innen Unsterblichkeit verleiht. »Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd« – meinte Christa Wolf. 150 Jahre vor ihr dichtete der sorbische Autor Korla Awgust Fiedler: »Wenn ich in Deine Augen tauch, kann ich Vineta sehn: Ich hauch und reib den Meeresspiegel glatt und schau auf die versunkne Stadt.« Wenn im Abendschein die MS Barbara den Hafen erreicht, verlassen die Passagiere das Schiff um einige denkwürdige Erfahrungen reicher und wissender als die am Ufer Zurückgebliebenen. Schauspiel: Sibylle Böversen Schauspiel: Catharina Struwe Regie und Text: Ulrike Müller Ausstattung und Text: Jan Lehmann Sounddesign: Roman Strack Dramaturgie: Heike Merten-Hommel Die Recherchearbeit wurde unterstützt von Rohnstock-Biografien.
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| Tanz
Stille Post – lauter Träume
Lausitz Festival
Uraufführung: 12.9.2024 Nach der eindrucksvollen Auftaktproduktion der Tanzsparte des Lausitz Festivals »Gletscher« von Haggai Cohen-Milo und Margaux Marielle-Tréhoüart im letzten Jahr in Weißwasser setzen das Duo und ihr Team ihre musiktanztheatralische Arbeit in diesem Jahr fort, verankern den Tanz noch fester im Programm des Festivals und inszenieren in Kollaboration mit lokalen Akteur:innen der Lausitzer Tanzlandschaft zu dessen Abschluss eine neue Arbeit im Hangar 1 in Cottbus. Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit des israelischen Komponisten und Musikers Haggai Cohen-Milo und der französischen Choreographin und Tänzerin Margaux Marielle-Tréhoüart liegt in der Erforschung von Möglichkeiten der Verknüpfung von Tanz und Musik durch das Erfinden gemeinsamer Sprachen. Geteilte Spielregeln etwa – eine gemeinsame Grammatik, wenn man so will – ermöglichen die sinnvolle Begegnung mit dem jeweils Anderen. Große Teile des Musiktanztheaters »Gletscher« waren bereits derart gebaut. Nun erweitern beide Künstler:innen ihr Spielprinzip auf ein kollaboratives Musik-Tanzprojekt mit Lausitzer Tänzer:innen und Choreograf:innen. Sie benutzen die Regeln des bekannten Gesellschaftsspiels »Stille Post« / »Ćicha póšta« als Generator verschiedener Tänze und Musiken, die schließlich miteinander zu einem faszinierenden Musiktanztheater über die Begegnung mit dem Anderen verwoben werden. Eine Choreografie macht den Anfang und wird an einen zweiten Choreografen dergestalt übermittelt, dass ein zwischengeschalteter Kommentator das Ausgangsgeschehen einerseits beschreibt und dieses andererseits zur Instruktion für den neuen Tanz wird; wie wenn ein Sportreporter ein Fußballspiel übers Radio vermitteln und man versuchen würde, das Spiel nach dessen Mitteilungen nachzuspielen. Auch die Musik wird einem solchen Verfahren unterzogen. Die Kommentatoren sind Lausitzer:innen aus allen Lebensbereichen. Auf diese Weise drehen Tanz und Musik einmal die Runde durch die Lausitz und durchlaufen Stationen der Lausitzer Tanzszene. Missverständnisse werden so zur Quelle von Vielseitigkeit, Fehlkommunikationen zum Ursprung der Einzigartigkeit. Auf diese Weise entsteht in der sich entwickelnden Tanzsparte des Festivals ein weiteres Mal ein Lausitzer Original, das eine auch und gerade für diese Region hochbrisante Frage aufwirft und künstlerisch thematisiert: Unter welchen Bedingungen sind Begegnungen von einander Anderen möglich, die die Andersheit bewahren und zugleich Veränderungen in Gang setzen. Die Antwort scheint so einfach wie kompliziert zu sein: Indem sich alle Beteiligten auf bestimmte Spielregeln einlassen, gewähren sie einander die Integrität des eigenen künstlerischen Ausdrucks, der gleichsam erst im Austausch mit dem Anderen zu dem wird, was er ist. Dabei entsteht durchaus etwas ganz Neues, etwas Nicht-Dagewesenes, kurz: etwas Anderes. Ein anderes, also: ganz eigenes Spiel wird erfunden. »Ćicha póšta« / »Stille Post – lauter Träume« entfaltet ein modellhaftes Gesellschaftsspiel, bei dem musiktanztheatralische Schönheit zum Ausdruck eines durchaus spannungsvollen und toleranten Mit-Ein-Anders wird. Künstlerische Leitung, Komposition, Bass: Haggai Cohen-Milo Künstlerische Leitung, Choreographie, Tanz: Margaux Marielle-Tréhoüart Choreographie: Golde Grunske Choreographie, Tanz: Anne Dietrich Choreographie, Tanz: Jana Schmück Choreographie, Tanz: Joel Suárez Gómez Tanz: Marco Rizzi Gesang: Caroline Schnitzer Komposition, Keys, Schlagwerk: James Shipp Kostüme: Lauren Steel Raum: Kang Sankoo Licht: Emese Csornai Kommentatorin (Tänzerin KuFa Hoyerswerda): Janina Gräser Kommentator (MDR-Moderator und RBB-Sportkommentator): Andreas Friebel Kommentatorin (Referentin Lausitz-Kultur-Koordinierungsstelle): Annalena Hänsel Kommentator (Bergbau-Ingenieur und Liedermacher): Bernd Balschuweit Dramaturgie: Michael Höppner Einführung um 19:00 mit Michael Höppner.
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Franz Kafka: »Ein Bericht für eine Akademie«
Lausitz Festival
In der Hauptrolle ein Affe. Er lebt nicht im Zoo hinter Gittern, sondern ist der große Star der Varietés. Vor die hohe Akademie ist er geladen, um über seine spektakuläre Wandlung vom Affen zum Menschen zu berichten. Aber wird er die ganze Wahrheit preisgeben? Sein »Aufstieg« ist die Geschichte von schmerzlichen Niederlagen und triumphalen Siegen. Unter dem Beifall seiner Bändiger wird er zum komisch-tragischen Held. Ein Affe als Charlie Chaplin? »Rotpeter« – so sein Menschen-Name – hat vor allem das Saufen gelernt … Wir lachen, weinen und erschrecken … Mit dieser Aufführung feiern wir Franz Kafka, einen der großen deutschen Schriftsteller, in unserer Gegenwart. Er ist vor 100 Jahren, 40jährig, in einer Klinik bei Wien an Tuberkulose gestorben. Von seinem Weltruhm hat er nie erfahren, alles Geschriebene sollte nach seinem Tod verbrannt werden. Dem Schriftsteller-Freund Max Brodt ist zu verdanken, dass Kafkas Werk erhalten blieb: Geschichten von Außenseitern und Suchenden, Helden des Alltags in einer absurd entfremdeten Gesellschaft, die Anpassung, Gehorsam und »Norm« erwartet. Erschrecken, Mitgefühl und Gelächter – das liegt bei Kafka sehr nah beieinander. Der Regisseur Claus Peymann hat Theatergeschichte geschrieben. Er war Theaterdirektor in Frankfurt, Stuttgart, Bochum, am Wiener Burgtheater und – in der Nachfolge Bertolt Brechts und Heiner Müllers – am Berliner Ensemble. Seine Uraufführungen der Stücke von Peter Handke, Thomas Bernhard, Peter Turrini und Elfriede Jelinek lösten heftige politische Auseinandersetzungen aus. Die Erregung über Bernhards »Heldenplatz« gilt als größter Theaterskandal der österreichischen Nachkriegs-Geschichte. In der Aufführung lernen wir einen sehr jungen Schauspieler aus Wien kennen: Nico Dorigatti. Neben seinem Studium am Max-Reinhardt Seminar absolvierte er eine Ausbildung zum Stuntman – die beste Voraussetzung, einen Affen zu spielen? Dorigatti gab sein Debüt im Wiener Theater in der Josefstadt als Lucky in Claus Peymanns Inszenierung »Warten auf Godot«. Das Publikum feierte ihn als Entdeckung des Jahres – und als exzellenten Komödianten. Ein Affe als Theaterstar? – das Lausitz Festival macht es möglich: Der Lichtsaal der ehemaligen Telux- Glas-Fabrik in Weißwasser wird zum Schauplatz der Tragik-Komödie eine Affens. »Nimale pjeć lět dźěli mje wot wopičstwa, čas […] z městnami přewodźany wot wuběrnych ludźi, radow, přikleska a orchestralneje hudźby…« z Bericht für eine Akademie Kafki »Nahezu fünf Jahre trennen mich vom Affentum, eine Zeit [...] streckenweise begleitet von vortrefflichen Menschen, Ratschlägen, Beifall und Orchestralmusik...« aus Bericht für eine Akademie von Kafka Schauspiel: Nico Dorigatti Regie: Claus Peymann Bühne: Paul Lerchbaumer Kostüme: Su Bühler Licht: Henning Streck Dramaturgie: Jutta Ferbers Dramaturgische Begleitung: Michael Höppner
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Widerstand
Lausitz Festival
Ein Mikrokosmos in einem Dorf, irgendwo in unserer turbulenten Gegenwart. Isabell besucht ihre Eltern. Die Mutter ist schwer krank, der Vater scheint zu resignieren und flüchtet in eine Affäre. Der Nachbar, ein Polizist, hat einen kritischen Blick auf das System. Isabells alter Schulfreund jobbt als Paketbote und träumt vom eigenen Business. Man redet über Sorgen, Enttäuschungen und Sehnsüchte. Trotzdem herrscht gegenseitige Verständnislosigkeit; vieles bleibt unausgesprochen. Aber die Frage steht im Raum, ob man sich weiterhin »von oben« alles gefallen lassen will. Widerstand muss ja nicht immer nur als Protest mit Pappschildern auf Demos daherkommen … Der in der Lausitz geborene und in Görlitz lebende Schriftsteller und Dramatiker Lukas Rietzschel skizziert in seinem vielbeachteten Theaterstück eine zunächst stille Radikalisierung gegen den als übermächtig empfundenen Staat und geht der Frage nach, warum sich Menschen von unserer Gesellschaft abwenden. Das freie Produktionskollektiv theater.land, das professionelles Schauspiel in peripheren und ländlichen Räumen Brandenburgs initiiert, inszeniert »WIDERSTAND« im ehemaligen Filmtheater Friedensgrenze, einem Ort, mit dem viele Einwohner:innen der Stadt Guben Erinnerungen an gemeinschaftliche kulturelle Erlebnisse in früheren Zeiten verbinden. Schauspiel: Andreas Klumpf Schauspiel: Josepha Grünberg Schauspiel: Felix Tittel Schauspiel: Katinka Springborn Schauspiel: Julian Jäckel Regie: Wolfram Scheller Dramaturgie: Aki Nom Bühne und Kostüm: Anne Hölzinger Licht und Ton: Paul Klinder
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Chinesische Kunqu-Oper: Päonien-Pavillon
Lausitz Festival
Die Jahrhunderte alte Kunst der chinesischen Kunqu-Oper gehört heute zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe und reicht bis tief in die Ming-Dynastie zurück. Die traditionelle Theaterform verbindet Gesang, Musik, Schauspiel, Tanz und Poesie und zeichnet sich durch melodische Raffinesse, subtile Ausdruckskraft, elegante Bewegungen und ihre symbolisch stilisierte Gestik aus. Seit über einem Vierteljahrhundert vermittelt der mehrfach ausgezeichnete Meister Zhang Jun die Kunqu-Oper in spektakulären und feinfühligen Aufführungen. Im Lausitz Festival wird er den zu Shakespeares Zeiten von Tan Xianzu geschriebenen »Päonien-Pavillon« präsentieren – eine romantische Liebesgeschichte, die ebenso lyrische wie komische Elemente beinhaltet. Die komplette Originalfassung umfasst 200 Arien in 55 Szenen mit über 160 Charakteren und dauert in toto mehr als 20 Stunden, doch wird das Werk heutzutage in seinen Hauptmomenten erfasst: Die 16-Jährige Du Liniang träumt in einem Garten von der Liebe zu einem ihr Unbekannten, welkt dahin und stirbt. Doch der Herrscher der Unterwelt will dieses Paar zusammenführen und Liu Mengmei, der vormals ihr Unbekannte, wird in diesem Garten nun im Traum von dem Mädchen verfolgt. Er vermag es, die Verstorbene wiederzubeleben, und durch kaiserliche Gnade findet die transzendente Geschichte um Liebe, Leben, überschrittene Grenzen und das Selbst durch den Anderen einen glücklichen Ausgang. Gesang: Zhang Jun Orchester: Kunqu-Opern-Ensemble
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Bin ich das Andere? Recital for Cathy
Lausitz Festival
Seit Aristoteles unterscheiden wir die fünf Sinne: Sehsinn, Gehörsinn, Tastsinn, Geruchssinn und Geschmackssinn. Wir könnten augenzwinkernd nun den Wahnsinn als sechsten Sinn erklären: Wahnsinn als psychische Wahrnehmungsfähigkeit von Seelenschwingungen. Die Oper präsentierte im 19. Jahrhundert die Wahnsinnsszene als Schaustück einer exaltiert einsamen Weiblichkeit und Sternstunde der Sensationslust der zuschauenden Gemeinschaft. In dem 1972 für seine erste Frau Cathy Berberian geschriebenen »Recital for Cathy« macht der italienische Komponist Luciano Berio das Hineingleiten einer Sängerin in eben jenen Wahnsinn in einem an musiktheatralen Anspielungen reichen Solostück erfahrbar: Mit Fragmenten von Schubert und Mahler, Monteverdi und Bach, Bizet und Verdi, Donizetti und Shakespeare versucht eine Frau als Künstlerin und Mensch sich eine Existenz zwischen großer Tragik und scheinbarer Komik, Vertrautem und Fremden zu sichern. Die Musik mäandert zwischen wahr, Wahn und Wollen und fordert uns und das Andere mittels Kunst heraus. Regisseur Yaron David Müller-Zach kreiert einen Abend, der als romantischer Liederabend mit klavierbegleiteten, geschliffenen Geschichten beginnt, um sich in Berios Komposition zu einer groß zersplitterten Erzählung über den Wahn im Sinn und Sinn im Wahn mit Orchester zu weiten. Eine Sängerin sucht den adäquaten Ausdruck für ihre unzähligen Rollenfiguren wie für sich selbst und wechselt zwischen bewusster Theatralität und vermeintlicher Intimität, um ihren Platz in der Welt zu finden: »There must be some place in the world that isn’t a theatre!« Sopran: Sophia Burgos Klavier: Daniel Gerzenberg Schauspiel: Viola von der Burg Dirigent: Alexander Merzyn Regisseur: Yaron David Müller-Zach Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus
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